Die Bildungsgewerkschaft mahnt zum Start von Schul- und Kitajahr: Erkenntnis genügt nicht. Schwarz-Grün muss schnell gegen den Fachkräftemangel vorgehen, die Lehrer*innenbesoldung neu regeln und für mehr Chancengleichheit in der Bildung sorgen. Die Zeit drängt.
Ulrich Thoden, der Stadtverbandsvorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), mahnt zum Start des Schul- und Kindergartenjahres, entschlossenes Handeln der Landesregierung an: „Wir haben kein Erkenntnis-, sondern ein Handlungsdefizit. Das muss sich mit der neuen Regierung ändern. Wir erwarten von Schwarz-Grün nichts weniger als eine Trendwende in der Bildungspolitik. Dazu braucht es schnelles und entschlossenes Handeln.“
Die Zusage A13 in den ersten 100 Tagen der neuen Regierung umzusetzen, sei ein großer gewerkschaftlicher Erfolg, so Thoden. Einem Stufenplan zur Einführung erteilt die GEW eine Absage: „Es ist für uns nicht einzusehen, dass es überhaupt einen Stufenplan braucht. Schwarz-Grün darf diesen Hoffnungsimpuls nicht durch einen langgestreckten Plan zunichte machen.“ Gleichwohl erkenne man das ehrliche Bemühen, endlich eine verfassungsgemäße Besoldung umzusetzen. Wenn es schon einen Stufenplan brauche, dann müsse er spätestens bis zur Mitte der Legislatur abgeschlossen sein.
Chancengleichheit braucht vor allem: Fachkräfte
Der Politik- und Kommunikationsstil der neuen Landesregierung sei ein Fortschritt, so die GEW. Ebenso die Erkenntnis, dass NRW endlich für Chancengleichheit in der Bildung sorgen müsse. Mit Blick auf den Schul- und Kitabereich fordert Thoden eine umfassende und nachhaltige Steigerung der Bildungsinvestitionen: „Schwarz-Grün darf die Schuldenbremse nicht zur Zukunfts- und Chancenbremse junger Menschen werden lassen.“
Chancengleichheit sei vor allem mit ausreichenden und gut ausgebildeten Fachkräften zu erreichen, betont die Gewerkschaft. Der Kurzbericht des IQB habe erst kürzlich deutlich gemacht, wie sehr es vielen Viertklässler*innen an grundlegenden Kompetenzen mangele. GEW-Geschäftsführer Carsten Peters: „Im Kern ist erneut ein dramatischer Mangel an Gerechtigkeit im Bildungssystem bewiesen worden. Denn besonders Schüler*innen aus sozio-ökonomisch schlechter gestellten Haushalten sind betroffen.“ Die beste Chance seien dann gut ausgebildete Fachkräfte in Kita und Schule. „Fachkräftemangel führt zu verpassten Bildungschancen.“ Die Landesregierung müsse schnell Entlastungen schaffen, beispielsweise durch Verwaltungsassistenzen oder die Verschlankung curricularer Vorgaben, um mehr Zeit für die pädagogische Arbeit zu schaffen. Der Arbeitsplatz Schule und Kita müsse dringend attraktiver werden.
Konkrete Maßnahmen zu zeitnahen Entlastungen im Schulbereich habe Bildungsministerin Feller aber vermissen lassen.
Corona ist Krisenverstärker
Zudem wirkt Corona weiter als Krisenverstärker. Stiegen die Krankheitszahlen unter den Fachkräften zu sehr an, sei ein angemessener Bildungsbetrieb gefährdet. „Wir brauchen sichere und verlässliche Präsenz. Gelingt das nicht, zahlen Kinder und Jugendliche durch geringere Bildungschancen und höhere Belastungen den Preis.“ Schulen Beinfreiheit einzuräumen, genüge nicht. „Wie die beiden Kernprämissen der Bildungsministerin – keine Schulschließungen und keine Anpassung der Stundentafel – mit den auch vom Ministerium erwarteten vielen Krankheitsfällen vereinbar sein werden, bleibt ein Rätsel.“ Es fehle ein echtes Rahmenkonzept zur Orientierung, es fehlten Mittel, Fachkräfte und Instrumente, um gut durch Herbst und Winter zu kommen. Die Gewerkschafter fordern die Landesregierung auf, sich auf Bundesebene für eine Anpassung des Infektionsschutzgesetzes einzusetzen, um die Handlungsspielräume für Kita und Schule zu vergrößern.